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An die Spitze der Werbetätigkeit setzte sich dann jedoch der "Deutsche Flottenverein", der nur einen Monat (30. 4. 1898) nach der Verabschiedung der Flottengesetze von Kreisen gegründet wurde, die der Rüstungsindustrie nahestanden. Der Flottenverein, zu dessen Mitbegründern Stöwer gehörte, hatte einen enormen Mitgliederzulauf. Er gab eine eigene Zeitschrift "Die Flotte" sowie das Jahrbuch "Nauticus" heraus. Durch Marineausstellungen und Marineschauspiele wurde der Flottengedanke ebenso gefördert wie durch die Einführung der graphischen Darstellung, vor allem des Bildes in die Propaganda. Ungeahnten Erfolg hatte das Marinebuch "Unsere Kriegsflotte" von Georg Wislicenus, zu dem Saltzmann, Schwinge und Stöwer Illustrationen beigesteuert hatten. Die Auflage war innerhalb von sechs Wochen vergriffen. Eine zweite Auflage beim Brockhaus-Verlag kam nicht zustande, so daß Wislicenus 1896 einen "neuen" Text mit 65 Illustrationen von Stöwer bei Grunow in Leipzig veröffentlichte. Der Korvettenkapitän Pohl im Reichsmarineamt, der mit einer Subvention von 30 000 MK eine Volksausgabe ermöglichen wollte, war später über die ablehnende Haltung von Grunow ganz froh. Denn eine Identifizierung des Amtes und des Staatssekretärs mit dem vehement vorgetragenen Plädoyer für eine zur Offensive befähigten Flotte war unerwünscht. So brauchten die "scharfen politischen Betrachtungen", vor allem die "gegen England und unsere Volksvertretung" gerichteten, die "Vielen aus dem Herzen geschrieben" seien, dem Rotstift der Behörde nicht zum Opfer zu fallen. Das Buch wurde ein Bestseller.

Bohrdt und Stöwer sowie der Marinemaler Carl Saltzmann (1847-1923), der der Mallehrer des künstlerisch ambitionierten Kaisers war, gehörten zu den engsten Vertrauten Wilhelms II. Sie wurden zu seinen Nordland- und Mittelmeerfahrten eingeladen, durften an Flottenmanövern teilnehmen und hatten Verbindungen zum RMA, wo man sie mit Informationen und mit Aufträgen versorgte. Dadurch wurden sie auch für andere Auf­ traggeber wie Buch- und Zeitungsverleger interessant. Illustrationen nach Gemälden wurden z. B. gerne von der ILLUSTRIRTEN ZEITUNG (IZ) in Leipzig veröffentlicht. Prachtvoll ausgestaltete Bildbände von Bohrdt, Stöwer oder auch Lüder Arenhold (1854-1915) verherrlichten aber nicht nur die im Aufbau befindliche Kriegsflotte, die sich außer bei Manövern, Flottenparaden und Auslandsfahrten noch nicht hatte bewähren können, sondern glorifizierten auch in zunehmendem Maße tatsächliche oder vermeintliche Höhepunkte aus der deutschen Schiffahrtsgeschichte von der Zeit der Hanse über die kurbrandenburgische bis zur 48er und preußischen Flotte. In verklärender Rückbesinnung auf die Vergangenheit sollte die Historienmalerei den Legitimitätsanspruch untermauern und eine Traditionslinie von den alten Wikingern bis zum Kaiserreich herstellen, die z. B. in dem von Tirpitz geförderten und als Instrument der Aufklärung weitester "Kreise unseres Volkes" angesehenen "Museum für Meereskunde" in Berlin gezeigt wur­ den. Die propagandistische Wirkung der Bilder von Bohrdt, Stöwer und anderen war so durchschlagend, daß noch bis nach 1945 Marinemalerei fast ausschließlich als Kriegsmarinemalerei verstanden wurde. Diese Verengung des Verständnisses von Marinemalerei ist als Ergebnis der Propagandakampagnen im Wilhelminischen Deutschland zu sehen. Eine solch nachhaltige Wirkung ist jedoch nur zu erreichen, wenn in der Zielgruppe - dem Besitz- und Bildungsbürgertum - nicht nur die Spezialisten für maritime Bild­ inhalte zur Dekodierung der Darstellung fähig sind, sondern auch andere Betrachter ohne schwierige Aufschlüsselungsarbeiten die Botschaft verstehen. Diese Art der Malerei muß also leicht zugänglich sein, will sie sich mitteilen. Wir erweitern unsere These demnach dahingehend, daß politische Marinemalerei eines bestimmten Maßes an anschaulicher Trivialität bedarf oder in Umkehrung des Satzes durch Trivialität politisch wirkt.

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