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Zweite Feindfahrt

Kuschs zweite Feindfahrt als Kommandant begann, als er mit "U 154" am 2. Oktober 1943 den Hafen von Lorient verließ. Dass die politischen Gespräche zwischen Kusch auf der einen und Druschel und Abel auf der anderen Seite während der zweiten Fahrt immer heftigere Gestalt annahmen, bezeugt Funkmaat Kurt Isensee:
  • Als Unterwasserhorcher wurde ich des öfteren Zeuge von politischen Gesprächen, die im Offiziersraum stattfanden, und bei denen man deutlich erkennen konnte, daß es nicht nur um eine Unterhaltung ging wie bei der ersten Fahrt, sondern dass Druschel und Abel jede Gelegenheit zur Opposition nutzten. Auch ich bin der festen Überzeugung, daß diese gegnerische Stellungnahme der gekränkten Eitelkeit entsprang, die wiederum dadurch entstand, daß Oberleutnant Abel noch eine Fahrt als Kommandanten-Schüler machen mußte.
Isensee stellt fest, dass "außer zwei oder drei Schmierernaturen die ganze Besatzung auf der Seite des Kommandanten stand." Er ist deshalb der Meinung, Kuschs Äußerungen wären nicht wehrkraftzersetzend gewesen. Mit an Bord bei dieser Fahrt war der Stabschef des Heeres, Dr. med. habil. Nothdurft, um wissenschaftliche Messungen an Bord eines Frontbootes unter Tropenbedingungen durchzuführen. Nothdurft gab am 12. Juni 1946 vor dem CIC Heidelberg eine "Eidesstattliche Erklärung" ab, die das Zusammenleben mit den Offizieren von "U 154" beschrieb. In diesem Dokument schildert er Kuschs Verhalten, jedoch im Gegensatz zu Isensee äußert er sich negativ:
  • Den Krieg hielt er für verbrecherisch und verloren, die U-Bootwaffe für lachhaft und erledigt. Er drängte diese Meinung jedem auf, obgleich die Leute aus Angst sie nicht hören wollten. [.] Es kam daher oft zu heftigsten Auseinandersetzungen zwischen Abel und Druschel einerseits und Kusch andererseits.
Im Laufe der zweiten Feindfahrt planten die Offiziere, Kusch zur Meldung zu bringen, was aber zunächst nach Nothdurfts Angaben unterblieben sei. Er sagt weiter, Abel und Druschel wären bemüht gewesen, ihn auf ihre Seite zu ziehen und davon zu überzeugen, Kusch sei ein Feigling, Defätist und Hitlergegner. Abel und Druschel meinten es ernst mit ihrem Vorhaben: zu Nothdurft sagten sie: "Als Stabsarzt sind Sie der Ranghöchste an Bord. Das macht sie zu einem prächtigen Anführer unserer dienstlichen Mitteilung gegen Kusch. Als Heeresangehöriger scheiden Sie dafür aus, mit der Beseitigung Kuschs eigene Vorteile anstreben zu können." Kuschs Angewohnheit, feindliche Radiosender abzuhören, war später ein weiterer Vorwurf an ihn. Laut Nothdurft ließ sich Kusch "vom Funkmaaten mehrmals täglich feindliche Sender einstellen." Auch seine oft artikulierte Ablehnung gegen Hitler war später Anklagepunkt gegen ihn. Nothdurft berichtet, Kusch habe Hitler "einen Verrückten, einen Verbrecher, das größte Unglück, das dem deutschen Volk beschert werden konnte und einen wahnsinnigen Teppichbeißer" genannt. Nothdurft meint, Hinweise darauf gesehen zu haben, Kusch hätte den Plan gehabt, überzulaufen und das Boot an den Feind zu übergeben. Lauf Nothdurft entsprachen Kuschs politische Belehrungen "ohne jeden Zweifel [.] gelegentlich der Aufforderung zur gemeinsamen Desertion mit dem ganzen Boot". Dieser Aspekt war jedoch kein Bestandteil der Meldung Abels.

Meldung und Verurteilung

Die Offiziere Druschel und Funke (der auf der zweiten Feindfahrt unter Kusch den L.I. Meyer ersetzt hatte) hielten sich an Nothdurfts Bitte, Kusch nicht zu melden. Am 12. Januar 1943 jedoch denunzierte Dr. Abel mit seiner Meldung an die 3. Unterseebootslehrdivision Oskar Kusch, trotz der Versuche Nothdurfts, dies zu verhindern. Abel traf die Entscheidung Kusch zu melden, nachdem er eine Ansprache von KKpt. Kals gehört hatte, die den "Erlass gegen die Kritiksucht und Meckerei" Dönitz vom 9. September 1943 zum Thema hatte. Abel bestritt in seiner Vernehmung am 24. Januar 1944 die Vorwürfe, er habe seine Meldung aus Gehässigkeit geschrieben.

Kapitän zur See Rösing, Führer der Unterseebote West, leitete am 16. Januar 1944 ein Ermittlungsverfahren gegen Kusch wegen "Zersetzung der Wehrkraft, Beschimpfen des Reiches und sogenannter Greuelpropaganda" ein. Kusch wurde am 20. Januar in Lorient verhaftet und in die Kriegswehrmachthaftanstalt Angers eingeliefert. Die Verhandlung gegen Kusch begann am 26. Januar 1944 in Kiel beim Gericht des Höheren Kommandos der Unterseebootausbildung. Kuschs Wahlverteidiger hatte nur am Vorabend Gelegenheit zur Einsicht der Akten. Nach der Anklageverfügung wurde Kusch wegen Verbrechen gegen §5 Absatz 1, Ziffer 1 und 2 der KSSVO (siehe Anhang B) und nach §1 der "Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen" angeklagt. Am Abend des 26. Januar 1944 wurde Kusch "wegen fortgesetzter Zersetzung der Wehrkraft und wegen Abhörens von Auslandssendern zum Tode und zu einem Jahr Zuchthaus" verurteilt, gleichzeitig wurden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen. Immerhin wurde der später hinzugefügte Vorwurf Abels der "Feigheit vor dem Feinde" von einem Gutachter als unbegründet zurückgewiesen. Am 12. Mai 1944 wurde Oskar Kusch in Kiel erschossen, nachdem Kuschs Vorgesetzte, darunter Großadmiral Dönitz, eine Begnadigung abgelehnt hatten.

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