Zweite Feindfahrt
Kuschs zweite Feindfahrt als Kommandant begann, als er mit "U 154" am 2. Oktober 1943 den Hafen von Lorient verließ. Dass die politischen Gespräche zwischen Kusch auf der einen und Druschel und Abel auf der anderen Seite während der zweiten Fahrt immer heftigere Gestalt annahmen, bezeugt Funkmaat Kurt Isensee:- Als Unterwasserhorcher wurde ich des öfteren Zeuge von politischen Gesprächen, die im Offiziersraum stattfanden, und bei denen man deutlich erkennen konnte, daß es nicht nur um eine Unterhaltung ging wie bei der ersten Fahrt, sondern dass Druschel und Abel jede Gelegenheit zur Opposition nutzten. Auch ich bin der festen Überzeugung, daß diese gegnerische Stellungnahme der gekränkten Eitelkeit entsprang, die wiederum dadurch entstand, daß Oberleutnant Abel noch eine Fahrt als Kommandanten-Schüler machen mußte.
- Den Krieg hielt er für verbrecherisch und verloren, die U-Bootwaffe für lachhaft und erledigt. Er drängte diese Meinung jedem auf, obgleich die Leute aus Angst sie nicht hören wollten. [.] Es kam daher oft zu heftigsten Auseinandersetzungen zwischen Abel und Druschel einerseits und Kusch andererseits.
Meldung und Verurteilung
Die Offiziere Druschel und Funke (der auf der zweiten Feindfahrt unter Kusch den L.I. Meyer ersetzt hatte) hielten sich an Nothdurfts Bitte, Kusch nicht zu melden. Am 12. Januar 1943 jedoch denunzierte Dr. Abel mit seiner Meldung an die 3. Unterseebootslehrdivision Oskar Kusch, trotz der Versuche Nothdurfts, dies zu verhindern. Abel traf die Entscheidung Kusch zu melden, nachdem er eine Ansprache von KKpt. Kals gehört hatte, die den "Erlass gegen die Kritiksucht und Meckerei" Dönitz vom 9. September 1943 zum Thema hatte. Abel bestritt in seiner Vernehmung am 24. Januar 1944 die Vorwürfe, er habe seine Meldung aus Gehässigkeit geschrieben.
Kapitän zur See Rösing, Führer der Unterseebote West, leitete am 16. Januar 1944 ein Ermittlungsverfahren gegen Kusch wegen "Zersetzung der Wehrkraft, Beschimpfen des Reiches und sogenannter Greuelpropaganda" ein. Kusch wurde am 20. Januar in Lorient verhaftet und in die Kriegswehrmachthaftanstalt Angers eingeliefert. Die Verhandlung gegen Kusch begann am 26. Januar 1944 in Kiel beim Gericht des Höheren Kommandos der Unterseebootausbildung. Kuschs Wahlverteidiger hatte nur am Vorabend Gelegenheit zur Einsicht der Akten. Nach der Anklageverfügung wurde Kusch wegen Verbrechen gegen §5 Absatz 1, Ziffer 1 und 2 der KSSVO (siehe Anhang B) und nach §1 der "Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen" angeklagt. Am Abend des 26. Januar 1944 wurde Kusch "wegen fortgesetzter Zersetzung der Wehrkraft und wegen Abhörens von Auslandssendern zum Tode und zu einem Jahr Zuchthaus" verurteilt, gleichzeitig wurden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen. Immerhin wurde der später hinzugefügte Vorwurf Abels der "Feigheit vor dem Feinde" von einem Gutachter als unbegründet zurückgewiesen. Am 12. Mai 1944 wurde Oskar Kusch in Kiel erschossen, nachdem Kuschs Vorgesetzte, darunter Großadmiral Dönitz, eine Begnadigung abgelehnt hatten.
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